Über das Projekt

Was ist LICHT?

LICHT Die 7 Tage der Woche ist ein Opern-Zyklus, den Karlheinz Stockhausen in knapp 30 Jahren (von 1977 bis 2003) komponierte. Der Zyklus besteht aus 7 Teilen, die jeweils nach einem Tag der Woche benannt sind, und dauert insgesamt circa 29 Stunden. Ausgangspunkt des Zyklus' ist eine Superformel bzw. ein dreistimmig polyphoner, eigenständiger Nucleus (mit der Dauer von ungefähr einer Minute), der gleichsam als "genetischer Code" des Opern-Zyklus fungiert. Die Superformel gilt als einheitlichendes Prinzip des Werkes: Sie bestimmt sowohl die globale Form des Zyklus', als auch der einzelnen Teile und Szenen.
Jede der drei Melodien der Superformel ist mit einem Hauptakteur des Zyklus verbunden: Michael, Eva und Luzifer. Diese Figuren (eine Anlehnung an Figuren der jüdisch-christlichen Tradition, ist durchaus nachvollziehbar) erscheinen in dreifacher Gestalt als Sänger, Instrumentalisten und Tänzer, und treffen in verschiedenen Konfigurationen aufeinander. Michael ist eine Messias-ähnliche, menschenfreundliche Gestalt, die das Schöpferische verkörpert; Eva ist die Urmutter des Lebens; Luzifer verkörpert hingegen das Gegen-Menschliche, Rationale und Zerstörerische, welcher im ständigen Wettkampf mit Michael steht und versucht Eva an sich zu binden. Sie sind "Geister", die in verschiedenen Instanzen und Inkorporationen im Werk auftauchen. Alle drei stehen in einem familiären Verhältnis zueinander.


Eine deutlich fassbare Handlung hat der Opernzyklus nicht! Jedoch wurden die Tage und Figuren mit einer symbolischen Bedeutung aufgeladen, die sich mit Grundfragen, Grundbedürfnissen und Grundkonstellationen der Menschheit befassen und sind somit frei die Rollen in der jeweiligen Opern wechseln:
  • MONTAG: Geburt (EVA) - Grün 
  • DIENSTAG: Krieg (MICHAEL und LUZIFER) - Rot
  • MITTWOCH: Versöhnung (MICHAEL, EVA und LUZIFER) - Gelb
  • DONNERSTAG: Lernen (MICHAEL) - Blau
  • FREITAG: Versuchung (LUZIFER und EVA) - Orange
  • SAMSTAG: Tod (LUZIFER) - Schwarz
  • SONNTAG: Mystische Vereinigung (MICHAEL und EVA) - Gold/ Weiß

Jedem Tag der Woche entspricht ein Thema, ein Zeichen, eine Farbe, ein Geruch, ein Element, ein Sinn, eine Tugend, ein Himmelskörper, ein Stein, eine Pflanze, ein Tier, eine Menschenrasse, etc. Diese Entsprechungen wurden nicht alle von Stockhausen selber erfunden, sondern stammen aus den verschiedensten Quellen (religiösen und esoterischen Traditionen, mystischen Schriften, der Kabbala, der Theosophie, dem Tarot, etc.).
Das künstlerische Konzept des Zyklus' LICHT ist ein vielschichtiges, das mit wenigen Sätzen nicht erklärt werden kann. Deutlich wird allerdings die Intention des Komponisten zu einem "kosmischen Welttheater", welches alles lebensbetreffende in sich vereint. Man kann es als Erweiterung und Vollendung des Stockhausen'schen Konzepts der "Weltmusik" verstehen, welches die 'intermodulierende' Vereinigung aller musikalischen Traditionen der Erde bedeutet, um nach einer überstilistischen Musik zu streben. LICHT kann also betrachtet werden als eine musikalische Summa der Reflexion menschlicher Kultur und Spiritualität in einem synästhetischen Gesamtkunstwerk.


Warum?

Durch seine Monumentalität wurde LICHT schnell zur modernen Legende, die den Menschen vor allem als megalomanisches, privat-religöses Werk bekannt ist, ohne sich mit ihm tiefer auseinanderzusetzten, oder es je gehört zu haben.
Das Ziel des LICHT-Kreises ist es deshalb die vielen Schichten freizulegen, aus dem sich der Opern-Zyklus zusammensetzt und ihn jedem, der daran interessiert ist verständlich zu machen. Dabei ist es klar, dass viele Vieles nicht nur musikalisch erklärt werden kann, sondern in seinem Kontext verstanden werden. Musikanalyse allein ist ein lebloses Werkzeug, ein Skelett; erst das Wissen um die Umstände geben diesem Gegenstand Leben. LICHT-Kreis verfolgt deswegen einen interdisziplinären Ansatz, um das Werk von verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.

Wir erhoffen uns dadurch eine tiefere Kenntnis des Zyklus' und ein breiteres Bewusstsein von ihm in der Öffentlichkeit.
Erst 2011 wurde SONNTAG in Köln Uraufgeführt, MITTWOCH hingegen wartet noch darauf.

Folgende Überlegungen sollen als Leitideen der Auseinandersetzung dienen:
  • Inwiefern ist LICHT ein Spiegel der aktuellen Gedankenwelt?
  • LICHT als Reflexion des neuen Bewusstseins des Menschen zu beginn des 21. Jahrhunderts.
  • Anti-Postmodernes Konzept: Einheitlichkeit vs. Pluralität
  • LICHT als musikalische Kathedrale?

Wer?

Veranstaltet wird dieser Arbeitskreis von Studenten und Doktoranden der Musikwissenschaft an der Universität zu Köln. Ansässig ist es am Lehrstuhl für "Musik der Gegenwart" Es richtet sich an alle, die Interesse an einer tiefen Auseinandersetzung mit dem Zyklus haben. Besonders sind auch Vertreter anderer Disziplinen, als der Musikwissenschaft eingeladen! Die Personen müssen nicht institutionell gebunden sein.


Wann?

Die Sitzungen finden immer freitags, alle zwei Wochen statt (Termine werden noch bekannt gegeben). Es sind in der Regel 2 Stunden vorgesehen, aber grundsätzlich gilt: Ende offen.


Wo?

Alter Seminarraum (Raum 1406a), Musikwissenschaftliches Institut im Hauptgebäude (4. Obergeschoss) der Universität: Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln


Wie?

Ausgangspunkt der Diskussion soll immer ein freiwilliges Kurzreferat über ein Aspekt sein, das sich mit einem Thema auseinandersetzt, das für LICHT relevant ist. Es ist nicht wichtig (aber auch nicht unerwünscht) ein originelles Thema vorzustellen. Die Diskussion soll dann in entspannter Atmosphäre stattfinden.
Essenziell soll ebenfalls das gemeinsame Hören der Musik und das Anschauen von Videoaufnahmen von LICHT-Aufführungen sein.


Außerdem?

Es gibt keine Anwesenheitspflicht oder sonstige Mitgliedschaftsverpflichtungen. LICHT-Kreis ist zwar themenspezifisch, kann aber auch zur Einübung von Referaten und Gewöhnung an ähnliche Situationen dienen. Die permanente Auseinandersetzung mit einem Thema kann ebenso als Übung wissenschaftlichen Denkens verstanden und genutzt werden.




Matthias Nowakowski